„Bildung ist die einzige Möglichkeit, die einen Menschen zu einem Gamechanger machen kann, ganz egal, ob jemand Professor oder Handwerker werden möchte. Das Ausschlaggebende ist, dass die Kinder ihren Beruf frei wählen können. Bildung gibt uns die Möglichkeit, freie, eigene Entscheidungswege zu gehen.“
— Erich Erber

Erich Erber ist ein österreichischer Unternehmer und kam 1953 im Pielachtal zur Welt. Aufgewachsen ist der Unternehmer bei seiner Tante, die ihn adoptiert hatte, in Wien. Im niederösterreichischen Pottenbrunn gründete Erber bereits in jungen Jahren die Erber KG. Später wurde das weltweit agierende Unternehmen als Erber AG, bekannt.

Im September 2020 verkaufte Erich Erber die Erber Group für knapp eine Milliarde Euro und gründete die SAN Group. Derzeit lebt Erber in Ras al Chaima in den Vereinten Arabischen Emiraten.

062-werkstattgespraeche-michael-landau-3169.jpg
Online Werkstattgespräch mit Erich Erber

Pernkopf: Servus Erich! Ich freu mich, dass wir heute diese Premiere feiern können – unser erstes Online-Werkstattgespräch! Das ist echt super, dass uns die Technik so etwas ermöglicht, aber Du brauchst nicht zu glauben, dass Du deshalb nicht zu mir in die Werkstatt arbeiten kommen musst, das holen wir schon noch nach!

Erber: Ja, ich freue mich darauf. (lacht) Denn ich war ja sehr überrascht, dass du ausgerechnet einen Schuhlöffel mit mir anfertigen möchtest. Schuhlöffel haben hier in den Arabischen Emiraten eine besondere Bedeutung. Hier ist es unüblich, mit Schuhen ein Haus zu betreten. Ich habe gute Bekannte, die auch aus Salzburg hierhergezogen sind. Nachdem sie mich ein paar Mal eingeladen hatten und ich mich jedes Mal darüber beschwert habe, dass ich in meine Schuhe so schwer reinkomme, wenn ich wieder nach Hause gehe, haben sie nun endlich etwas zum Niedersetzen und einen Schuhlöffel gekauft. (lacht)

Pernkopf: Eine Gaudi – Erzähl mal: Wo sitzt Du denn gerade überhaupt? Bist du noch in Singapur?

Erber: Nein. Ich bin kurz nach Beginn der Pandemie aus Singapur weggegangen und habe mir jetzt hier in einer kleinen Stadt, ein paar Kilometer nordöstlich von Dubai, in Ras al Chaima, ein Haus gekauft. Das ist eine eher ländliche Gegend. Dubai ist ähnlich wie Singapur: Eine große, tolle Stadt. Für das Business musst du natürlich auch in der Stadt sein, aber hier vor Ort ist die Lebensqualität höher: weniger Lärm, weniger Verkehr und der Weg vom Haus zum Strand dauert keine drei Minuten. Jetzt sind wir bereits mitten im Thema. Nach 20 Jahren aus Singapur wegzugehen, war gar nicht so einfach und ich hoffe, dass ich hier in den Arabischen Emiraten meinen Lebensabend verbringen kann.

[…]

Pernkopf: Der Buchtitel könnte lauten: Zwischen Metaversum und Hobelbank. Wir wollen also das Spannungsfeld zwischen der realen, physischen Welt und einer virtuellen, digitalen Welt thematisieren. Was ist Deine Welt? Metaversum oder Hobelbank?

Erber: Ich lebe seit fast einem Jahr in den Vereinten Arabischen Emiraten und habe noch kaum so viel e-government erlebt wie hier. Beim Einkaufen, wo dir die Rechnungen per Mail durchgeschickt werden, beim Essengehen, wenn es QR-Codes statt Speisekarten gibt oder ob beim Kauf von Immobilien. Die Erstellung von Grundbuchauszügen dauert hier genau eine Woche. Sobald du den Bescheid hast, kannst du ihn zuhause ausdrucken, die Behörde macht das nicht für dich. An diese Dinge, die man lernen muss, muss man sich auch gewöhnen. Teilweise ist die totale Digitalisierung ein Vorteil, weil man Papier spart und vieles schneller geht. Das ist wie mit einem Messer in der Küche. Es kann nützlich sein, weil du es zum Salatschneiden brauchst, gleichzeitig kannst du aber auch jemanden damit umbringen. Die neuen Technologien sind etwas, mit dem wir uns, ob wir wollen oder nicht, auseinandersetzen müssen. Wenn ich mir meinen jüngeren Sohn Richard anschaue: Der liest keine Bücher mehr – das geht alles über das Internet, vielleicht noch via e-Books. Zum Thema Metaversum: Da ist natürlich etwas daran. Es wird auch daraus resultierende Vorteile für die Zukunft geben, aber man darf es nicht überschätzen.

Die Hobelbank und die Leute dahinter wird es sowieso immer geben. Das Metaversum ist für mich – wie so vieles aus dem Silicon Valley – ein aufgeblasenes Marketingprojekt.

[…]

Pernkopf: Wo steht Europa beim Thema Offenheit für Forschung und grüne Gentechnik?

Erber: Europa hat sich aus meiner Sicht vollständig von jeglichen Fortschritten in diesen Technologien verabschiedet. Die Anwendung von CRISPR/Cas (umgangssprachlich Genschere) ist in Europa verboten, weil es als GMO (genetically modified organism) deklariert wurde. Für mich ist es ein großer Widerspruch, Atomenergie als grün zu deklarieren, um CO2 zu sparen und auf der anderen Seite eine Technologie zu verbieten, die nicht mehr macht, als einen Abschnitt aus einem Gen herauszuschneiden, der eigentlich gar nicht reingehört. Wenn wir in Europa diesen Weg gehen wollen, hören wir irgendwann auf, uns weiterzuentwickeln. Ein Forscher, der mit CRISPR forschen möchte, findet in Europa keinen Job. Darum gehen die wirklich guten Leute nach Asien oder in die USA. Noch ist Europa weltweit DER Wirtschaftsstandort. Aber man hört immer auf die fünf Prozent, die laut schreien und ignoriert die anderen 95 Prozent. Europa hat sicher im Umweltschutz und in der grünen Technologie eine Vorreiterrolle. Aber bei der grünen Gentechnik müssen wir die Diskussion versachlichen und weniger emotional führen.

[…]

Pernkopf: Was Du gerade angesprochen hast, bezeichne ich als „Dableibensvorsorge“. Man bleibt da, wenn man von der Kinderbetreuung bis zur Arbeitswelt alles im Ländlichen Raum findet. Ein wichtiges Thema dabei ist Bildung, Wissen und Kultur. Ich weiß von Dir, dass Du selbst Schulen und Bildungsinstitutionen mitbegründet hast. Warum ist es wichtig, Bildung auch dezentral zu verorten?

Erber: Ohne meine Ausbildung an der HBLFA Francisco Josephinum in Wieselburg und die Möglichkeiten, die mir die Schule geboten hat, wäre ich nie zu dem geworden, was ich heute bin. Mein Weg wäre vorgezeichnet gewesen, ich hätte vermutlich einen Beruf erlernt und sicher nichts anderes gewollt, weil ich es mir nicht frei aussuchen hätte können. Deshalb konnte ich mich ein Leben lang dafür begeistern, diese Wertschätzung für Bildung weiterzugeben. Meine erste Schule habe ich in Krems gegründet, weil mir der Gedanke gefiel, dass die Kinder dort bilingual unterrichtet werden und weil ich nicht einfach nur der „Zahler“ sein wollte, sondern sich das Projekt schon auch zu einem großen Teil selbst refinanzieren sollte. Mit 60–70 Kindern ist die Schule gut ausgelastet und ein sehr erfolgreiches Projekt. Bei einem Besuch eines Waisenhauses in Thailand habe ich verstanden, dass es zwei Möglichkeiten gibt, wie man Charity betreiben kann: Entweder man streut über alle ein wenig drüber und gibt von jedem ein kleines Stück einer Schokoladentafel, oder man nimmt einen kleinen Teil der Hilfsbedürftigen und gibt jedem von ihnen eine ganze Schokoladentafel.

Ich halte Zweiteres für die bessere Lösung. Deshalb haben wir 16 Kinder aus dem Waisenhaus herausgenommen und ermöglichen ihnen den Besuch eines durchgängigen Schulsystems bis zum 18. Lebensjahr. Alle machen den Abschluss und können danach aussuchen, ob sie an der Uni studieren oder in eine Lehre gehen wollen. Sie haben die Möglichkeit mit 18 Jahren frei zu entscheiden, was sie aus ihrem Leben machen wollen. Bildung ist die einzige Möglichkeit, die einen Menschen zum Gamechanger machen kann, egal ob jemand Professor oder Handwerker werden möchte. Das Ausschlaggebende ist, dass die Kinder frei wählen können. Bildung gibt uns die Möglichkeit, freie und eigene Entscheidungswege zu gehen.

Pernkopf: Das ist eine tolle Perspektive, das hat so noch keiner gesagt. Was hat sich für Dich an der Wertigkeit des Landlebens im Vergleich zu vor Corona verändert?

Erber: Corona hat uns gelehrt, bescheidener zu werden. Bescheidener im Sinne von „es geht auch anders“. Früher sind Leute am Samstagnachmittag schnell nach London auf einen Kaffee geflogen, weil es billig war und man es machen konnte. Niemand von denen hat jemals nach dem Sinn von solchen Aktionen gefragt. Die Leute nehmen auch wieder eine andere Wertehaltung ein und achten nun mehr auf das familiäre und soziale Umfeld. Das beste Beispiel dafür sind die Bilder aus den Baumärkten, die man am Tag nach den ersten Lockdowns zu sehen bekommen hat. Warum standen dort Tausende von Menschen? Weil jeder zehn Wochen zuhause gesessen ist und gesehen hat, was alles erneuert werden müsste. Die Pandemie hat uns zu einem meditativen Zwischenschritt angehalten und uns ein wenig zur Rückbesinnung gebracht. Das war gut so.

[…]

Das gesamte Gespräch findest Du in unserem Buch:

Buch bestellen

....