Ohne Landwirtschaft wären Dörfer nie entstanden und werden nicht weiter bestehen
Quelle: Prof. Dr. Werner Bätzing
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Weltweit, war die erste Phase der Bauerngesellschaften durch eine stetiges Merkmal erkennbar: Es entstanden überall kleine Siedlungen die sich auf dezentrale flächenhaft Weise im landwirtschaftlich genutzten Raum verteilen. Was sich unspektakulär anhört, war und ist Ausgangslage dafür, dass die heutige Bevölkerung in dieser Raumstruktur leben kann, für die uns so viele andere Länder beneiden.
Sonnenenergie als Grundbaustein
Sonnenergie ermöglicht biologisches Wachstum und wird nach etlichen Veredelungs- und Bearbeitungsschritten in Form von Nutzpflanzen und Nutztieren gespeichert. Da die Sonnenenergie flächenhaft auf die Erde auftrifft und vom Menschen nicht konzentriert werden kann, ist das Pflanzenwachstum ein flächenhaftes Phänomen. Um Lebensmittel produzieren zu können, waren deshalb schon immer Fläche und Sonnenenergie die Grundbausteine. Die Energie wird in den Pflanzen und Tieren gespeichert, und nach der Ernte ins Dorf gebracht, um daraus Lebensmittel zu gewinnen. Weil Pflanzen Zeit zum Wachsen brauchen, weil nur ein oder zweimal pro Jahr geerntet werden kann und weil das Wachstum der Pflanzen und der Haustiere durch Kälte- oder Trockenzeiten unterbrochen wird, müssen die Lebensmittel haltbar gemacht werden.
Viele kleine, statt wenige große Siedlungen
Landwirtschaftliche Tätigkeiten spielen sich also einerseits in der großen Fläche ab, weil dort gesät, geerntet, das Tier geweidet wird. Andererseits sind die Tätigkeiten räumlich konzentriert, weil im Dorf das Korn gedroschen und gemahlen, das Fleisch verarbeitet und konserviert wird.
Diese Raumüberwindung kostet den Bauerngesellschaften oft viel Zeit und Energie, vor allem wenn es notwendig ist zwischen diesen Bereichen auch noch Lasten zu transportieren (Saatgut, Erntewägen,etc..). Deshalb entstehen in dieser Phase viele kleine Siedlungen- und nicht wenige große Siedlungen- denn das schafft ein effizienteres Verhältnis zwischen flächenhaft und räumlich konzentrierten Arbeitsbereichen.
Die menschliche Arbeitskraft kann so effektiv eingesetzt werden, da sich Wegstrecken vom Dorf zu den Äckern und Weiden kurz halten.
Es ergibt sich dadurch eine klare Raumgliederung in den ländlichen Gebieten.
Raumgliederung sei gut überlegt
Im Zentrum steht das Dorf, in dem man wohnt, Lebensmittel verarbeitet , das Vieh in der schlechten Jahreszeit im Stall hält, Vorratshaltung betreibt und das den kulturellen Mittelpunkt der Bauernfamilien bildet. Die Gärten sind kleine, aber sehr arbeitsintensive genutzte Flächen innerhalb des Dorfes oder direkt am Dorfrand für Gemüse, Obst und Sonderkulturen. Die Äcker sind nicht sehr große, aber intensiv bewirtschaftete Flächen in der Nähe des Dorfes bzw. um das Dorf herum, auf denen Getreide angebaut wird.
Mit dem Wachstum der Landwirtschaft entstehen immer mehr neue Dörfer, so dass die Fluren der einzelnen Dörfer bald direkt aneinanderstoßen, was oft mit Grenzproblemen verbunden ist. Auf diese Weise bilden sich in den Gunstregionen der Erde flächengroße Kulturlandschaften aus.
Jedes Dorf ist wirtschaftlich autonom, versorgt sich selbst aus seiner Flur, organisiert seine Vorratshaltung selbst und erledigt alle notwendigen Handwerkstätigkeiten und Dienstleistungen innerhalb des Dorfes. Eine räumliche Arbeitsteilung oder eine Spezialisierung auf ganz bestimmte Tätigkeiten gibt es in der ersten Phase noch nicht. Aber jedes Dorf stellt einen Mikrokosmos dar, die für sich autonom existieren kann. Sie sind Wirtschafts- Lebens- und Kulturraum.
Die Bewohner eines Dorfes waren also immer eigenständig, waren auf sich alleine gestellt und hatten ihre Existenz ausschließlich der vorhandenen Kulturlandschaft zu verdanken. Daraus hat sich eine Mentalität entwickelt, die bis heute noch in vielen Regionen und speziellen Berufsgruppen fest verankert ist- Man ist stolz auf sein Land, man legt Wert auf Eigentum und sieht es als seine Pflicht die vorhandene Kulturlandschaft nachhaltig zu pflegen.
Die Inhalte erarbeitete Prof. Dr. Werner Bätzing in seinem Buch "Das Landleben".