Werkstattgespräch mit Manfred Denk

Manfred Denk ist Chef der Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker und führt einen Installateur-Betrieb in Etsdorf am Kamp seit 1995. Er repariert leidenschaftlich Oldtimer und engagiert sich in seiner Heimatgemeinde als Bürgermeister. Wir sprechen mit ihm über die Themen Energiewende, Green Jobs, Fachkräftemangel und Unternehmertum im Ländlichen Raum.

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Pernkopf: Du bist ja Chef der Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker- du betreibst aber schon viel länger deinen Installateur Betrieb in Etsdorf am Kamp- eine eher ländliche Region. War das jemals für Dich ein Nachteil, dass Dein Betriebsstandort nicht mitten in der Stadt angesiedelt war? Ich nehme an Dein wichtigstes Kapital sind deine Mitarbeiter: Wie kommst Du zu guten, jungen Leuten?

Denk: Das ist vollkommen richtig und genau darin sehe ich auch den riesigen Vorteil eines Betriebsstandortes im Ländlichen Raum. Denn der Zugang zu Mitarbeitern ist einfach besser. Wir hatten ja lange den Vorteil, dass viele unserer Lehrlinge aus Nebenerwerbslandwirtschaften kamen, oder aus größeren Landwirtschaften kamen, und die dann oft schon mit 14 Jahren Fähigkeiten hatten, die man einem anderen drei Jahre lang erst beibringen musste. Das ist zwar mittlerweile auch schon ein wenig verschwunden, aber dieses Phänomen ist teilweise schon noch da in unserer Region.

Aber auch beim Anwerben technisch interessierter Menschen haben wir einen Vorteil an unserem Standort, weil wir hier direkt bei uns in Etsdorf auch noch eine Mittelschule und auch einen polytechnischen Lehrgang haben. Ich mache schon seit über 20 Jahren Berufsinformationsveranstaltungen in den Schulen und dadurch habe ich auch einen guten Zugang in unserer Mittelschule zu potentiellen Lehrlingen. Und wir hatten großes Glück, dass wir vor einigen Jahren eine neue Berufskundelehrerin bekommen haben, die ganz jung und vor allem der Lehre gegenüber positiv eingestellt ist. Solche Vorbilder und Meinungsmacher in unseren Ausbildungshäusern sind ganz essentiell für das Anwerben von jungen Fachkräften.  Wir lernen viele Schülerinnen und Schüler beispielsweise bei den berufspraktischen Tagen kennen – da sind wir ganz flexibel und versuchen ein tolles Angebot für die Schnupperlehrlinge zu schaffen. Aber, man muss dranbleiben und muss wirklich dahinter sein, um junge Menschen von seinem Unternehmen zu überzeugen. Mittlerweile übernehmen mein Geschäftsführer und meine Tochter den Großteil dieser Nachwuchsförderung, da ist natürlich die Motivation nochmal eine ganz andere, weil junge Menschen ganz anders miteinander sprechen. Im vergangenen Jahr haben wir sogar die Ausbildertrophy der Wirtschaftskammer Niederösterreich im Gewerbebereich erhalten.

Es geht also um Employer- Branding: Es geht darum seinen Betrieb attraktiv vorzustellen und da haben wir Installateure natürlich momentan einen großen Vorteil. Wir haben echte Green Jobs anzubieten, in dem man sein Leben lang arbeiten, sinnstiftendes Tun und dazu noch gut verdienen kann. Es gibt derzeit fast keinen ähnlichen Job, in dem man so viel Positives für die Umwelt umsetzen kann.

Pernkopf: Da muss ich beim Thema Green Jobs einhaken- ich versuche das auch immer recht praktisch zu sehen. Wie viel Prozent Deiner 25 Mitarbeiter würden in die Kategorie „Green Job- Mitarbeiter“ fallen?

Denk: Momentan liegen wir da sicher bei 80 %. Aber das ist in der ganzen Branche so. Das wirkt sich dann aber natürlich auf andere Bereiche wie beispielsweise in der Badsanierung aus. Das Thema Energie und Energiewende ist heuer so stark nachgefragt, dass man teilweise andere Dinge vernachlässigen muss und das produziert dort dann aber wieder, wie beispielsweise in der Badsanierung einen enormen Druck in der Nachfrage. Insgesamt wird also der Druck auf die Fach- und Arbeitskräfte dadurch noch stärker.

Pernkopf: Ich habe vorher schon kurz deine beeindruckende Drehbank gesehen – Du hast mir erzählt die brauchst Du oft zum Aufdrehen von Ventilen. Ich hab ja auch in meinem Buch gesagt ich wäre für ein echtes Recht auf Ersatzteile. Wie siehst Du da die Entwicklung beim Thema Wiederverwerten, Reparieren, Erneuern,…? Wie geht´s Dir da auch mit Herstellern und dem ganzen Portfolio? Was ist Deine Lebenserfahrung?

Denk: Grundsätzlich befürworte ich das „Lange in Verwendung halten“ und „Reparieren“ absolut. Aber in der praktischen Umsetzung wird das natürlich ein wenig schwierig. Wenn wir da jetzt an die Oldtimer denken muss man sagen, dass das natürlich was ganz was anderes ist, wie bei der Heiztechnik. Bei Oldtimern gibt es meist Nachbauteile von den ursprünglichen Herstellern, das ist aber in der Heiztechnik kaum der Fall. Der Zahn der Zeit ist, dass man derzeit einen „verlässlichen“ Partner und Hersteller hat, wenn er einem ca. 10-15 Jahre lang die Verfügbarkeit der Ersatzteile gewährleistet. Es gibt noch wenige, bessere Hersteller, die dann schon auch längere Zeit diese Gewährleistung abgeben.

Wenn wir wirklich wollen, dass mehr Geräte repariert werden können und Geräte auch länger im Verbrauchszyklus bleiben können, dann müssen diese Geräte aber auch so gebaut werden, dass sie reparierbar sind.

Typisches Beispiel: Das Wechseln einer Glühbirne beim Auto. Früher war das ein Klacks und heute ist das nahezu unmöglich. Früher hatten wir eine Umwälzpumpe. Die konnten wir quasi in jedes Einfamilienhaus einbauen. Heutzutage habe ich aber bei einem fertigen Pelletkessel oder bei einem Gasbrennwertgerät überall fix eine spezielle Pumpe eingebaut. Das ist wirklich unnötig. Da müsste man auch Umdenken, damit man die Dinge auch reparaturfreundlich ausstatten kann.

Pernkopf: Ich denke mir das jedes Mal, wenn ich unterwegs bin und an der Wiener Hochquellenwasserleitung vorbeikomme. Die ist ja mittlerweile über 100 Jahre alt und funktioniert nur mit Schwerkraft. Ich bin sicher, wenn wir die heutzutage bauen würden, dann hätten wir sicher 100 oder 200 Pumpwerke eingebaut. Da muss man schon auch sagen, dass uns die billige Energie in den letzten Jahren sicher auch in der Bautechnik fehlgeleitet hat. 

Denk: Ja sicher. Und wenn wir jetzt oft über diese Blackout Thematik sprechen und viele sich die wildesten „Survivalgeräte“ zulegen, dann muss ich immer wieder sagen: Hätte ich in so einem Fall beispielsweise eine Schwerkraftheizung ohne Umwälzpumpe und ich habe einen einfachen Kessel von früher, dann könnte ich diese Heizung betreiben. Man könnte zumindest manche Häuser auf diese Art und Weise beheizen.

Pernkopf: Es geht also nicht nur um die Ersatzteile, sondern auch um die Gewährleistung der Reparaturfreundlichkeit. Gleich zum nächsten Thema – Heizkesseltausch: Wir haben da massive Programme vom Bund und vom Land auf den Weg gebracht. Hast Du das Gefühl, dass es da bei den Konsumentinnen und Konsumenten draußen erhöhte Nachfrage gegeben hat? Was ist Dein Eindruck dazu?

Denk: Das ist dermaßen explodiert, das ist unbeschreiblich. Das freut uns einerseits, aber es gibt natürlich auch eine Kehrseite der Medaille, weil viele Entscheidungen nur aus Angst und nicht mit Hausverstand getroffen werden. Manche wollen ihre zwei Jahre alte, durchaus effektive, Gasheizung herausreißen und durch eine Wärmepumpe ersetzen, weil sie glauben, dass es bald kein Gas mehr gibt. Da tut einem natürlich das Herz weh und das passt gar nicht zum „ressourcenschonenden Leben“. Wir haben das aber auch schon in den 70er Jahren in der Ölkrise erlebt. In unserer Branche war kaum eine Krise so nachhaltig wie diese, da gab es dann wirklich viele Innovationen in der Heizungstechnik. Da sind dann die ersten Brauchwasserwärmepumpen, Niedertemperaturkesseln usw… entstanden. Das war eine positive Entwicklung.

Die Ansuchen zum Heizkesseltausch in Niederösterreich haben gegenüber dem Vorjahr, und das war schon ein sehr gutes Jahr, um das 13-fache zugenommen. Vorher haben wir 30 Jahre lang in der Branche diskutiert, wieso wir es nicht schaffen, die Sanierungsquote um 1% in die Höhe zu bekommen. Rein statistisch haben wir also vorher alle 100 Jahre einen Heizkessel ausgetauscht und heuer sind Tausenden Ansuchen. Das ist schon eine sehr positive Entwicklung, aber für uns als Installateure ist das natürlich auch eine große Herausforderung diese Nachfrage abzudecken. Denn wie sollen wir denn von heute auf morgen die 13-fache Kapazität schaffen – das geht einfach nicht, da würde ich mir auch mehr Verständnis seitens unserer Kunden und auch der Politik wünschen.

Pernkopf: Ja und eben weil ich große Zufriedenheit bei der Heizkesseltausch-Förderung höre, setze ich mich gerade auch dafür ein diese Bürokratie bei der Photovoltaik-Lotterie abzustellen. Was ist Dein Zugang als Handwerksprofi?

Denk: Das ist natürlich auch ein großes Thema - der Zugang zu Förderung muss möglichst einfach sein. Der Konsument muss mit verlässlichen, klaren Kriterien konfrontiert werden und wissen, dass er dann auch Rückerstattung bekommt und nicht hoffen, dass er vielleicht im Lostopf dabei ist. Wir brauchen mehr Kontinuität und Gleichheit bei den Förderungen- zwischen den Ländern und auch bei den Bundesförderungen. Gerade beim Verkauf von Heiztechniken ist es so, dass die Konsumenten oft längere Zeit für die Planung brauchen – eine Heizung kauft man eben nicht wie eine Handtasche von heute auf morgen. Und ich persönlich hätte gerne, dass meine Kunden nicht ständig von der Angst getrieben sind: Ich muss die Heizung heute kaufen, weil morgen bekomme ich keine Förderung mehr. Die Politik ist da wirklich gefragt, sich internationale Beispiele anzuschauen und für die Bürger und für die Unternehmen die das dann auch ausführen, einfachere Rahmenbedingungen zu schaffen.

Pernkopf: Du bist ein Werkstattmensch- so wie ich – das habe ich schon gesehen. Wenn Du Dir für Deine Werkstatt etwas wünschen könntest, also nicht nur für das Material, sondern auch für die Menschen, was wäre gesellschaftspolitisch Dein Wunsch für Sie?

Denk: Ich würde mir ganz stark Wünschen, dass die Lehre noch einmal einen besseren Stellenwert bekommt. Generell ist das Interesse für technische Berufe in den letzten Jahren gesunken, aber gerade jetzt kommt eine wirklich spannende Zeit auf uns zu. Die Energiewende voranzutreiben, das müsste auch Motivation sein, um einen technischen Beruf zu ergreifen.

Und das andere ist, dass ich mir wünschen würde, dass der Meistertitel auch wirklich aufgewertet wird. Auch wenn es offiziell immer heißt, dass ein Meistertitel mit dem Bachelor gleichgestellt ist muss ich sagen, dass das einfach nicht stimmt, weil man mit einem Meistertitel nicht mit einem weiterführenden Masterstudium beginnen kann. Das ist für mich eine ganz klare Diskriminierung. Wenn ein junger Mensch sich anstrengt und sich Fähigkeiten aneignet wo er dann auch noch eine Meisterprüfung ablegt, dann kann ich dem auch zutrauen, dass er für ein Studium geeignet ist. Diese Hürde müssen wir gesellschaftspolitisch abbauen.

 

Pernkopf: Wir haben Unerwartetes erlebt. Was sind Deine Schlussfolgerungen aus den letzten zwei Jahren?

Denk: Ganz einfach: Man darf die Hoffnung nicht aufgeben oder den Kopf nicht in den Sand stecken. Man muss jeden Tag die Ärmel aufkrempeln, die Geschichte angehen und nicht zu Tode jammern. Wir machen das in unserer Firma tagtäglich, wenn bei uns Komponenten fehlen, weil sie nicht geliefert werden können, dann müssen wir eben auf eine andere Baustelle fahren und flexibel sein. Mehr Dankbarkeit und Flexibilität - weniger Jammern - Never waste a good crises!

 

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