Strukturschwache Regionen stehen Stadtzentren auch bei der Gesundheitsversorgung um nichts nach

Ziel jeder zeitgenössischen Politik muss es sein, nicht nur in den großen Stadtzentren, sondern auch in der Peripherie eine hochqualitative Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Vorrangig größte Hürde dabei, ist der Mangel an gut geschultem Arzt- und Pflegepersonal. In Niederösterreich kann das derzeit durch die gut ausgebaute Gesundheitsinfrastruktur und der kürzlich gestarteten offensive zur Aufstockung von Ausbildungsplätzen komprimiert werden. Langfristig wird das die Situation vor allem in den strukturschwachen Gebieten erleichtern. Mittelfristig, muss man aber auf schnellere Lösungen zur Überbrückung finden. Eine davon, wird die Nutzung neuer Technologien sein. Die Telemedizin ist gut erprobt, hat durch die Pandemie einen unerwarteten Aufschwung bekommen und wird schneller Einzug im Land halten als man sich vorstellen kann.

Gleich vorweg- Telemedizin kann in keinster Weise den persönlichen Besuch beim Arzt ersetzen. Trotzdem, birgt diese Technik irrsinniges Potential, weil wir wissen, dass die Bevölkerung sowohl in der Stadt als auch am Land stetig älter werden wird. Darüber hinaus wissen wir auch, dass Herz-Kreislaufkrankheiten die häufigste Todesursache darstellen und chronische Erkrankungen in einer älter werdenden Gesellschaft zunehmen. Gerade für diese Krankheitsbilder können telemedizinische Dienste hochqualitativ und kosteneffiziente unterstützen.

Tele-(fon) medizin?

Der Begriff Telemedizin leitet sich vom Begriff der Telekommunikation ab, die die Übertragung jeglicher Daten beschreibt. Dieser Konnex ist nicht ganz unbedeutend. Mittlerweile hat sich aber das, was früher das Telefon war, nämlich Kommunikationsmittel erster Wahl, fast vollständig auf digitale Plattformen verlagert. Sprich, Telemedizin unterstützt Ärzte und Pfleger dadurch, dass alle notwendigen Informationen über moderne Informations- und Kommunikationskanäle übermittelt werden. Keiner der Beteiligten muss dazu gezwungenermaßen an einem bestimmten Ort anwesend sein. Wichtig dabei:  eine sichere Übertragung medizinischer Daten für die Prävention, Diagnose, Behandlung und Weiterbetreuung von PatientInnen in Form von Text, Ton und/oder Bild, muss immer gewährleistet sein.

Die verschiedenen Anwendungen lassen sich in unterschiedliche „Arten der Telemedizin“ einteilen:

  • Telemonitoring ist die medizinische Überwachung des Gesundheitszustandes von Patientinnen und Patienten aus der Entfernung

  • Teletherapie beschreibt eine Anwendungen bei der ein Arzt aktiv aus der Entfernung in die Behandlung von Patientinnen und Patienten eingreift.

  • Telekonzil dient zur Fernbefundung in dessen Rahmen vom behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin die Zweitmeinung eines entfernten Arzt oder einer entfernten Ärztin eingeholt wird

  • Telekonferenz bei der ein entfernter Arzt oder eine entfernte Ärztin einer laufenden medizinischen Behandlung durch einen anderen Arzt oder einer anderen Ärztin beigezogen wird

Großflächig anwendbar ist vor allem das Telemonitoring

Leidet ein Patient an Herzinsuffizienz oder Diabetes , müssen regelmäßig bestimmte Vitalparameter kontrolliert werden. Dazu gehören bei Herzinsuffizienz insbesondere Blutdruck, Herzfrequenz und Körpergewicht bzw. bei Diabetes vor allem Blutdruck, Blutzucker und Körpergewicht. Die dadurch häufig bedingten Hausarztbesuche können durch ein Telemonitoring-Set teilweise reduziert werden. Dieses Set besteht aus einem Mobiltelefon, Blutdruckmessgerät und Körperwaage bzw. Diabetikerinnen und Diabetiker auch ein Blutzuckermessgerät. Die Messgeräten leiten die Vitalparameter automatisch und sekundenecht an den zuständigen Arzt oder der Ärztin zur Kontrolle weiter. Sollten vordefinierte Grenzwerte überschritten werden, kann der Arzt oder die Ärztin anhand der Aufzeichnungen die Situation sofort neu bewerten und beispielsweise einen Kontrolltermin in der Praxis, oder Medikamentenanpassungen anfordern.  

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Infografik Telemedizin

Im Notfall schneller versorgt durch intelligente Rettungssysteme

Telemedizin ist jedoch kein Allheilmittel. Gerade in Notfällen muss schnell ein Arzt zur Stelle sein – was sich am Land oft schwieriger gestaltet als in städtischen Ballungsräumen. Durch ein zentralisiertes System der Rettungsleitstellen, das die Einsatzbereitschaft der Helfer an den verschiedenen Standorten in Echtzeit abbildet, könnten Digitalisierung und bessere Vernetzung aber auch in der Notfallhilfe dazu beitragen, täglich Leben zu retten. Die Zeit, bis ein Rettungswagen am Einsatzort ist, kann so reduziert werden. Digitale Apps können darüber hinaus dafür sorgen, dass – noch vor dem Eintreffen des Rettungswagens – Ersthelfer schneller als bislang zur Stelle sind, um erste Hilfe zu leisten. Damit solche Apps auch auf dem Land Leben retten, könnten Feuerwehren, Wohlfahrtsverbände, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser bei solchen digitalen Angeboten eingebunden werden, ohne dass dafür zusätzliche Infrastrukturen geschaffen oder langwierig rechtliche Hürden aus dem Weg geräumt werden müssten. 

Die Grenzen des Digitalen

Wichtig ist, bei all den Möglichkeiten, die das Digitale bietet, jedoch das menschliche Maß nicht zu verlieren. Nicht alles Analoge kann ersetzt werden, denn gerade im gesundheitlichen Bereich ist der menschliche Kontakt entscheidend und darf nicht “wegrationalisiert” werden. Insbesondere in Hinblick auf die aktuellen problematischen Unterschiede der Versorgung in Stadt und Land dürfen Smart Home Care, Telemedizin und -pflege nicht zu einer Zweiklassenmedizin führen, in der der persönliche Kontakt zu Ärzten und Pflegepersonal denen vorbehalten bleibt, die in Ballungsräumen leben. Werden diese Risiken mitbedacht und neue Gesundheitsdienstleistungen konsequent zum Wohle der zu versorgenden Menschen entwickelt, haben die neuen technologischen und digitalen Entwicklungen enormes Potential, zur Gleichwertigkeit in der Gesundheitsversorgung beizutragen.